Zum Nachdenken – Verwenden von Blaulicht & Folgetonhorn

Stellen Sie sich bitte einmal vor, dass Sie an einer Hauptverkehrsstraße wohnen. Nachts um drei Uhr fährt – mit Tatütata und Radau – die Feuerwehr oder die Rettung mit ihren größtenteils freiwilligen und somit „unbezahlbaren“ Helfern an Ihrem Haus vorbei.

Sie werden sofort wach und denken eventuell…

„Hoffentlich kommen die noch rechtzeitig!“

oder…

„Na ja, den gesetzlichen Bestimmungen zufolge, muss der Fahrer ja mit Blaulicht und Folgetonhorn fahren.“

Am wahrscheinlichsten, denken Sie aber…

„Müssen diese Idioten wieder so einen Lärm machen?“

Aber haben Sie auch schon einmal daran gedacht,

  • dass diese Idioten vor fünf Minuten noch genauso friedlich in ihrem Bett geschlafen haben wie Sie?
  • dass diese Idioten auch um sechs Uhr früh wieder raus müssen, wie Sie?

Aber dass diese Idioten, wenn sie nach zwei oder drei Stunden wieder ins Bett fallen sowieso nicht mehr schlafen können, weil man halt nicht so gut schläft, wenn man gerade einen Menschen aus einem brennenden Haus oder einem verunfallten Fahrzeug gerettet hat?

Aber wahrscheinlich werden Sie gar nicht wach, weil unsere Fahrer aus Rücksicht auf Sie das Folgetonhorn weglassen, oder weil Sie nicht an einer Hauptverkehrsstraße wohnen. Dann haben Sie eben Glück und brauchen sich nicht über die „Idioten“ von der Feuerwehr, der Rettung, der Polizei oder einer anderen Hilfsorganisation aufregen.

… außerdem denken diese „Idioten“ inzwischen schon selbst: „Warum mache ich das eigentlich?“


Anmerkung zur rechtlichen Situation in Österreich

Gemäß §26 StVO (Straßenverkehrsordnung) dürfen Blaulicht und Folgetonhorn nur bei Gefahr im Verzug, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes, sowie aus Gründen der Verkehrssicherheit auch am Ort der Hilfeleistung oder des sonstigen Einsatzes verwendet werden.

Weiters haben gemäß §26 StVO alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen. Außerdem dürfen Lenker eines Einsatzfahrzeuges unter anderem auch bei rotem Ampellicht in eine Kreuzung einfahren, wenn sie vorher angehalten und sich überzeugt haben, dass sie hierbei keine Menschen gefährden oder Sachen beschädigen.

Jetzt stellt sich die Frage, was ist ein „Einsatzfahrzeug“?

Im Sinne der StVO ist ein „Einsatzfahrzeug“ ein Fahrzeug, das auf Grund kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne führt, für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale. Diese Begriffsdefinition wird im §2 StVO geregelt!

Aufgrund des §20 Abs. 1 Z 4 lit. d KFG (Kraftfahrgesetz) haben Feuerwehrfahrzeuge Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht. Deshalb findet §2 StVO auch Anwendung. Zu beachten ist dabei allerdings der Passus „… für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale …“ in der Begriffsdefinition. Das bedeutet, dass Fahrzeuge von Feuerwehr, Polizei und Rettung ohne eingeschaltetem Blaulicht oder Folgetonhorn keine Einsatzfahrzeuge im Sinne der Straßenverkehrsordnung sind.

Muss man wirklich Blaulicht und Folgetonhorn verwenden?

Unter Bedachtnahme auf die oberen Zeilen, würde es grundsätzlich also genügen, wenn der Lenker eines Feuerwehrfahrzeuges bei der Einsatzfahrt nur das Blaulicht alleine verwenden und auf das Folgetonhorn verzichten würde. Allerdings gibt es diesbezüglich bereits ein interessantes Gerichtsurteil:

Das Urteil vom Landesgericht Innsbruck mit der Geschäftszahl 4 R 294/12g vom 11.10.2012

Im gegenständlichen Fall kam es im Kreuzungsbereich zu einer Kollision des Einsatzfahrzeuges mit einem privaten Fahrzeug.

Im durchgeführten Schadenersatzprozess hatte das Gericht die Aufgabe, den Schadensverursacher zu eruieren und ein Urteil zu sprechen.

Die Rettungsorganisation musste den Schaden des Unfallgegners zu 100% decken, da es dem Unfallgegner nicht möglich war, Kenntnis vom herannahenden Einsatzfahrzeug zu erlangen. „Das Blaulicht des Einsatzfahrzeuges sei nicht gut sichtbar gewesen, sodass es vom Einsatzlenker fahrlässig gewesen sei, in die Kreuzung einzufahren, ohne das Folgetonhorn einzuschalten“, so ein Auszug aus dem Urteil.

Glück im Unglück: Es entstand nur ein Sachschaden.

Das Urteil hat Signalwirkung. Würden in einem ähnlich gelagerten Fall Personen verletzt werden, wäre dies für die Rettungsorganisation sowie für den Lenker selbstverständlich noch weitaus unangenehmer.

Aufgrund dieses Urteils wird von Juristen dringend dazu geraten, bei unübersichtlichen Verkehrslagen und/oder schlechter Sicht möglichst früh das Folgetonhorn einzuschalten.

 

Textquelle: FF BUCH-GEISELDORF